In Großbritannien sorgt gerade ein neuer Güllezusatz für enorme Schlagzeilen. Er soll die Gülle aufschließen, und die Bodengesundheit verbessern. Letztlich soll so weniger Kunstdünger ausgebracht werden müssen und dennoch die Graserträge ansteigen. Zu guter letzt sollen sich dadurch auch noch die CO2-Emissionen verringern. Was hat es mit diesem Wundermittel auf sich?
Mischung aus 18 Bakterien und Pilzen
Der unter dem Produktnamen vertriebene Zusatz „SlurryForSoil“ ist eine...
In Großbritannien sorgt gerade ein neuer Güllezusatz für enorme Schlagzeilen. Er soll die Gülle aufschließen, und die Bodengesundheit verbessern. Letztlich soll so weniger Kunstdünger ausgebracht werden müssen und dennoch die Graserträge ansteigen. Zu guter letzt sollen sich dadurch auch noch die CO2-Emissionen verringern. Was hat es mit diesem Wundermittel auf sich?
Mischung aus 18 Bakterien und Pilzen
Der unter dem Produktnamen vertriebene Zusatz „SlurryForSoil“ ist eine komplexe Mischung aus 18 verschiedenen pflanzenwachstumsfördernden Rhizobakterien und Pilzen, die aufgrund ihrer nachgewiesenen Fähigkeiten zur Verbesserung der Bodenstruktur, Pflanzengesundheit und Produktivität ausgewählt wurden, so der Hersteller Sylgen Animal Health.
Die in SlurryForSoil enthaltenen Bakterien und Pilze sind wissenschaftlich erwiesenermaßen in der Lage, Nährstoffe und Mikronährstoffe zu mobilisieren", erläutert Romney Jackson, Produktmanager beim Hersteller Sylgen Animal Health. „Viele von ihnen bekämpfen auch Krankheitserreger und Krankheiten, vor allem durch die Stimulierung der pflanzeneigenen Abwehrmechanismen, und einige bekämpfen Schädlinge wie Nematoden, Mollusken und Insekten.“
Wie funktioniert SlurryForSoil?
„Traditionell enthalten Güllezusätze nur ein paar verschiedene Arten, oft ist es nur eine - Bacillus subtilis -, die eine wirklich nützliche Bakterie ist, aber allein ist ihr Spektrum an nützlichen Wirkungen begrenzt. SlurryForSoil enthält jedoch 18 Arten von Bakterien und Pilzen sowie vier Enzyme“, erklärt Jackson. „Sie alle sind entweder pflanzenwachstumsfördernde Rhizobakterien oder Pilze.“
Die Gülle sei kein ideales Medium für die Fütterung der Bakterien und Pilze, sie muss zunächst aufgeschlossen werden, so Jackson weiter. Deshalb füge man Enzyme hinzu, so werde dieser Prozess in Gang gesetzt. Sobald die Mikroben beginnen, die Gülle zu verstoffwechseln, würden sie dann ihre eigenen Enzyme produzieren. Die Pilze sollen besonders die Produktion von Lignasen ankurbeln, die das faserige Material aufspalten. Dadurch soll sich u.a. die Fließfähigkeit der Gülle deutlich verbessern. Nach Angaben aus der Praxis muss die gelagerte Gülle seltener umgerührt werden, auch lässt sie sich leichter ausbringen.
Sobald die behandelte Gülle dann auf den Boden aufgebracht wird, locken die Pflanzen die Mikroben zu ihren Wurzeln (die Pilzhyphen wirken wie Straßen). Dabei wandeln sie Kohlenstoffverbindungen zu Zucker um. Pilze und Bakterien tauschen diesen Zucker gegen Wasser aus, das gelöste Mineralien enthält und machen somit die Nährstoffe pflanzenverfügbar. Zudem bauen die Mikroben chlororganische Stoffe, Organophosphate, andere Chemikalien und Mikroplastik ab und verbessern somit die Bodenstruktur. Dadurch soll letztlich das Graswachstum gefördert werden.
Feldversuch: Verbesserung des Nährwerts von Gülle und Silage
In den beiden vergangenen Jahren wurde an der Versuchsanstalt Duchy College der Güllezusatz in einem Feldversuch einem Test unter Praxisbedingungen unterzogen. Dabei wurde die im Kuhstall anfallende Gülle (134 Kühe) getrennt und in zwei Güllelagunen abgeleitet. ermöglichten es den Forschern, die Auswirkungen des Gülleimpfstoffs zu isolieren und zu bewerten. Die Gülle einer Lagune wurde mit SlurryForSoil geimpft. Anschließend wurden die behandelte und die unbehandelte Gülle auf einer Grasfläche ausgebracht. Der Grasaufwuchs (vier Schnitte) wurde einsiliert. Ergebnis:
- Die behandelte Gülle enthielt mehr Nährstoffe (Ammonium, Phosphor, Kalium und Schwefel sowie Magnesium, Kupfer, Zink und Kalzium).
- Die behandelte Gülle führte zu einem um 17,8 % höheren Trockenmasseertrag.
- Der Proteingehalt der Silagen legte um 5,78 % zu, der Gesamt-Stickstoffgehalt in den behandelten Silagen um 39 %.
- Die Analyse der Silage zeigte, dass SlurryForSoil auch zur Verbesserung der Futterqualität beitrug: Der durchschnittliche Gehalt an neutralen Detergentien (NDF) verringerte sich um 10,7 %, der Gehalt des Pflanzenzuckers erhöhte sich um 27,7 %. Dadurch verbesserte sich letztlich die Verdaulichkeit und der Energiegehalt der Silage.
1 | Mit behandelter Gülle deutlich mehr Silage geerntet
Laut den Versuchsanstellern deutet der geringere NDF-Gehalt auf einen weniger faserigen und stängellastigen Grasaufwuchs hin. Dies dürfte maßgeblich dazu beitragen, die Methanemissionen der Milchkühe zu senken.
Molkerei sponsert den Einsatz
Hier kommt der der weltgrößte Mozzarella-Hersteller, Leprino Foods, ins Spiel. Im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsinitiative hat sich der Käsehersteller aus den USA verpflichtet, jährlich einige Tausend Tonnen CO2 einzusparen. Deshalb hat sich kürzlich der Molkereikonzern, der einen großen Teil der in Nordirland und Wales erzeugten Milch aufkauft, verpflichtet, alle seine Milchviehhalter in England und Wales zwei Jahre lang mit dem Gülleimpfstoff zu versorgen. „Wir wissen, dass die Erhöhung der Milchmenge aus dem Grundfutter eine der besten Möglichkeiten ist, den CO2-Fußabdruck zu verringern. Hier hilft SlurryForSoil“, erläutert Ben Williams, Nachhaltigkeitsmanager von Leprino Foods. Seinen Schätzungen nach erlaubt der großflächige Einsatz von Technologien wie SlurryForSoil die CO2-Emissionen in der gesamten Lieferkette von Leprino in Großbritannien um fast 19.000 Tonnen zu reduzieren.
Seit 2022 wandelt ein Stickstoffbrecher auf dem Betrieb Poppe Gülle in mineralischen Flüssigdünger um. Für die Familie ist die Anlage eine Investition in die Zukunft.
Neue Umweltauflagen heizen den Güllemarkt in den Niederlanden dramatisch an. Landwirte müssen für die Abgabe eines Kubikmeter Gülle bis zu 40 Euro zahlen.